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04.September.2006 │ 

Tagung in Hittfeld: Realität und Reichweite von Jugendverbandsarbeit

Professor Dr. Richard Münchmeier

Dr. Christine Hawighorst, Staatssekretärin im niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, beim Grußwort.

121 Interessierte hatten sich angesagt, die mehr über die Ergebnisse der bundesweiten Studie und der Praxisentwicklung erfahren wollten. Einen ganzen Tag lang wurde referiert, zugehört, mitgeschrieben und diskutiert.


Schon der Ort, an dem die Veranstaltung stattfand, hatte Symbolcharakter: Im »ric« (das steht für »rail info center«) befinden sich Geschichte und Moderne unter einem Dach - eine umgestaltete Fabrikhalle in kühlem Design, die neben einer Sammlung historischer Eisenbahnschienen vor allem Raum bietet für innovative Kulturveranstaltungen. Diese Spannung zog sich spiegelbildlich durch den Tag, und auch in den Vorträgen und Diskussionen wurde sehr rasch deutlich, dass dem Innovativen ein größeres Gewicht zukam als dem Musealen. Die evangelische Jugendarbeit wird sich auf neuen Gleisen bewegen müssen.

 

Martina Klenke (Saxophon und Gesang) und Frederik Feindt (Klavier) rahmten die Veranstaltung mit bekannten Standards aus Jazz, Pop, Musical und lateinamerikanischen Volksliedern. Zum Auftakt brachten sie »Welcome to the Cabaret« , als spielerische Anmahnung, die Materie bloß nicht zu trocken zu präsentieren. Die Sorge erwies sich als unbegründet.

 

Heike Schlottau aus dem Nordelbischen Jugendpfarramt und Manfred Neubauer aus dem Landesjugendpfarramt Hannover führten gelassen und souverän durch das Programm, das mit einem Grußwort von Dr. Christine Hawighorst begann, Staatssekretärin im niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit. Sie hob die grundsätzliche Bedeutung der Jugendverbandsarbeit hervor, die unter anderem durch ihre Möglichkeiten informeller Bildung und ehrenamtlicher Tätigkeitsfelder einen enormen gesellschaftlichen Nutzen erbringen würde. Die Studie lobte sie, wie nach ihr Andere später auch, weil sie die Interessen der Jugendlichen in den Mittelpunkt stelle. Der wichtigste Satz fiel beinahe nebenbei: »Das niedersächsische Jahr der Jugend ist ein Auftakt zur Nachhaltigkeit.« Wir werden Frau Hawighorst bei Gelegenheit daran erinnern.

 

Im Anschluss sprach die Landesjugendpastorin der hannoverschen Landeskirche, Cornelia Dassler, ein kurzes Grußwort, in dem sie allen dankte, die an der Studie mitgewirkt hatten. Die Ergebnisse der Studie wertete sie als ermutigend.

 

Der erste Vortrag dann war Bischof Dr. Hans-Christian Knuth von der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche vorbehalten. Er hatte sich vorgenommen, die Beziehung von Kirche und Jugend aus kirchenleitender Sicht zu betrachten und steuerte dabei bewusst nicht an jenen Punkten vorbei, die spannungsreich und diskussionswürdig waren. Knuth umriss die 4 Grundaufträge der Kirche, die für ihn unaufgebbar sind: Mission, Bildung, Erziehung, Seelsorge. Im Folgenden machte Knuth auf den Widerspruch von Anspruch und gegenwärtiger Realität aufmerksam. Der Auftrag gilt allen – erreicht aber wird nur noch eine Minderheit. Die Jugendarbeit ist auf größere Zahlen ausgerichtet. Sie hat noch keine überzeugende Antwort darauf gefunden, mit den kleineren Zahlen zu leben.

 

Besonders bedenkenswert war Knuths Ausflug in die jüngere Geschichte. Anhand seiner eigenen Biographie verdeutlichte er, wie fortschrittlich die evangelische Jugend einmal gewesen ist. Sie war geistige Avantgarde. Viele bedeutende Anstöße, wie z.B. Friedens- oder Umweltbewegung sind aus der evangelischen Jugend gekommen, die stets so etwas wie ein gesellschaftspolitischer Seismograph gewesen ist. Es hat immer ein Leitthema gegeben, das die Jugendlichen bewegte und in die Gesellschaft hineinwirkte. Momentan scheint es so als würde solch ein Thema fehlen. Knuth schloss damit, dass er der evangelischen Jugendarbeit eine gute Zukunft wünsche und erhielt für seinen bemerkenswerten Vortrag lang anhaltenden Applaus.

 

Nun endlich waren zwei Hauptverantwortliche für die Studie an der Reihe, Professor Dr. Richard Münchmeier und Katrin Fauser, wissenschaftliche Mitarbeiterin. In ständigem Wechsel präsentierten sie Vorgehensweise und Haupterkenntnisse der Studie.

 

Münchmeier eröffnete seinen Vortrag damit, auf die drei Phasen hinzuweisen, die alle Untersuchenden im Laufe eines Forschungsprojektes durchlaufen:

<typolist>Irritation (die Ergebnisse fallen anders aus als erwartet)

Bestätigung (die Ergebnisse fallen genau so aus wie erwartet)

Nachdenklichkeit (die Ergebnisse veranlassen dazu, den bisherigen Standpunkt zu überdenken).</typolist>

Gefährlich sei nur die Bestätigungsphase, während die beiden anderen produktiv ertragreich seien. Er hoffe, die Zuhörenden irritieren oder zur Nachdenklichkeit bewegen zu können.

 

Unabhängig von allen Einzelerkenntnissen besteht das Neue der Studie in dem Blickwinkel, von dem aus sie ihren Gegenstand untersucht hat. Sie hat konsequent einen subjektorientierten Ansatz verfolgt. Untersucht wurde der Verband (konkret die aej) aus der Sicht der Jugendlichen. Münchmeiers erstes Fazit: »Der Verband ist eine Gelegenheitsstruktur, aus der etwas unendlich Wertvolles entstehen kann, wenn die Jugendlichen als Akteure etwas daraus machen.«

 

Katrin Fauser lieferte im Folgenden harte Zahlen und erläuterte die konkrete Arbeitsweise. Die Ergebnisse wurden über verschiedene Weisen von Interviews, Dokumentenanalysen, Sozialraumporträts und Fragebogenerhebungen ermittelt. Insgesamt wurden 3020 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 – 20 Jahren bundesweit befragt. Insgesamt werden also 10,1% der Jugendlichen von evangelischer Jugendverbandsarbeit erreicht. Weiter wurde untersucht, wie offen oder geschlossen die evangelische Jugend erscheint. In der Selbstwahrnehmung der Jugendlichen dominiert eindeutig das Bild von Offenheit. Fakt ist jedoch auch, dass ein Zugang in der Regel über Freundinnen und Freunde oder familiäre Beziehungen erfolgt.

 

Anschließend referierte Richard Münchmeier die Motive, die Jugendliche zur Teilnahme bewegt. Wichtig war ihm der Hinweis, dass es einzelne Motive in der Regel gar nicht gäbe, die Personen zum Handeln veranlassten, sondern immer ganze »Motivbündel« Insgesamt lassen die Beweggründe sich in einer »Trias« zusammenfassen:

<typolist>Etwas für die eigene Entwicklung tun

Etwas Sinnvolles für andere tun

Geborgenheit in der Gruppe finden.</typolist>

 

Nachdem Richard Münchmeier und Katrin Fauser den verdienten Applaus erhalten hatten, fanden sich die Teilnehmenden in so genannten Forschungs-Cafes zusammen, in denen in kleiner Runde Verständnisfragen und eigene Schlussfolgerungen besprochen wurden.

 

Ein hervorragendes Catering sorgte dafür, den leiblichen Akku wieder aufzuladen und sich für die Nachmittagsrunde zu stärken, die pünktlich um 14.00 Uhr begann.

Münchmeier und Fauser gingen weiter in die Tiefe, wobei deutlich wurde, dass das Gemeinschaftserlebnis und das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Gruppe Zentralerlebnisse sind.

 

Ein besonderes Kapitel der Untersuchung war der Rolle der ûlteren im Jugendverband gewidmet. Auffällig ist, dass die ûlteren vor allem in Bezug auf die Funktion beurteilt werden, die sie in der Jugendarbeit wahrnehmen. Den Jugendlichen ist wichtig, ob die ûlteren ihren »Job« gut machen oder nicht. In der Beziehungsrolle führen die Erwachsenen dagegen ein »Schattendasein«. Sie sind weder Vorbilder noch Vertrauenspersonen in persönlichen Problemlagen. »Erwachsenen sind Ermöglicher von dem, was Jugendliche tun wollen.«

 

In seinem Schlusswort strich Münchmeier noch einmal heraus, dass Jugendverbände für die Jugendlichen Orte der Selbstbildung seien. Der Vorwurf eines Modernitätsdefizites sei ebenso unhaltbar wie der eines Modernitätsüberschusses. Münchmeier schloss mit dem schönen Satz: »Dies war eine Pionierstudie, die dem geschuldet ist, dass ein großer Jugendverband den Mut gehabt hat, sich dem zu stellen.«

 

Nachdem Katrin Fauser und Richard Münchmeier sich Fragen aus dem Publikum gestellt hatten, kam zum Ende die Praxis zu Wort. Mike Corsa, der Generalsekretär der aej, warf ein Schlaglicht auf die Bedeutung der Studie für die Praxisentwicklung. Zunächst skizzierte er die Vorgeschichte der Studie, die sich wesentlich dem Unbehagen verdanke, die Wirklichkeit nicht mehr hinreichend beschreiben zu können. Ein Wissensdefizit sei aufzuholen gewesen. Deshalb habe man den Mut gehabt, sich einem Forschungsprojekt mit ungewissem Ausgang zu stellen. Die Studie habe man mit 9 regionalen AGs und 35 Projekten auf lokaler Ebene begleitet; außerdem waren 17 Personen in einem bundesweiten Arbeitskreis Praxisentwicklung engagiert. Subjektorientierte Praxisentwicklung erfolgt in einem Dreischnitt: Wahrnehmen (was Jugendliche wollen) – Differenzieren (zwischen meinen und ihren Interessen, Ansichten etc.) – Zurücktreten (Akzeptanz der Jugendinteressen). Das alles hört sich in der Theorie einfacher an als in der Anwendung.

 

Am Schluss seines Vortrages schaute Corsa in die Zukunft. Wie geht es weiter?

<typolist>Zur Frankfurter Buchmesse werden die ersten zwei Bände veröffentlicht werden. Im Dezember folgt Band drei.

Eine Handreichung zur Studie soll erarbeitet werden, die als Lese- und Argumentationshilfe gedacht ist.

Es wird eine Weiterführung der Praxisentwicklung geben mit einem bundesweiten Monitoring.</typolist>

 

Manfred Neubauer wies noch einmal auf die Wahl des Veranstaltungsortes hin und zog einen Vergleich zwischen Jugendarbeit und der gegenwärtigen Situation der Bahn. Man müsse darüber nachdenken, ob man die Schienen behalten wolle oder nicht.

 

Eine Fotogalerie gibt es auf den Seiten der aejn unter

dev.amt1.biz/aejn/News.24.0.html .

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